Der berechnete Geburtstermin rückt näher, die Baby Erstausstattung ist einsatzbereit und du hast nun viel Zeit zum Grübeln? Je näher die Entbindung rückt, desto größer wird oft die Angst vor möglichen Komplikationen bei der Geburt. Geburtsverletzungen sind leider oft noch ein Tabuthema, das bei all der Vorfreude auf das neue Familienmitglied nur ungern angesprochen wird. Allerdings sind Verletzungen im Intimbereich nichts Ungewöhnliches und in den meisten Fällen auch nicht so schlimm, wie man es sich ausmalt. Es ist einfach wichtig, darüber informiert zu sein. Deswegen erfährst du in diesem Artikel die 8 wichtigsten Infos über Geburtsverletzungen!
1. Welche Arten von Geburtsverletzungen gibt es?
Grundsätzlich kann der gesamte Intimbereich bei einer vaginalen Geburt verletzt werden. So können beispielsweise Damm, Vagina, Vulvalippen, Klitoris, die innere Beckenmuskulatur sowie der Schließmuskel und der Muttermund betroffen sein. Bei vielen Frauen entsteht nach der Geburt ein leichtes Wundgefühl an Damm und Vagina, welches durch die außergewöhnliche starke Dehnung dieser Zonen bei der Entbindung entsteht, die wiederum kleine Faserrisse erzeugt. Die Intensität kann dabei stark variieren. Manche Frauen bemerken die kleinen Gewebeschäden kaum, während sie bei anderen ein unangenehmes Brennen und Jucken verursachen. Ebenfalls bedingt durch die starke Dehnung können im Vulvalbereich auch Blutergüsse auftreten. Dabei strömt Blut aus gerissenen Gefäßen in das umliegende Gewebe und es kommt zu einer Schwellung. Der Schweregrade dieser sogenannten Hämatome kann von kaum sicht- und spürbar bis hin zu Schmerzen beim Sitzen, Gehen oder Wasserlassen reichen.
Sowohl Faserrisse als auch Blutergüsse zählen glücklicherweise zu den Verletzungen, die normalerweise nach wenigen Tagen von allein wieder abklingen. Anders ist es bei den sogenannten Rissverletzungen, zu denen auch der gefürchtete Dammriss zählt. Hierbei kommt es zu Einrissen von ganzen Gewebestrecken. Bevor du jetzt aber anfängst, dir Horrorszenarien auszumalen: Nur sehr wenige Frauen erleiden einen wirklich schweren dieser Fälle! Die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Dammriss liegt zwischen 1,5 und 0,1 Prozent. Die leichteren treten zwar häufiger auf, verheilen aber meist schnell und unkompliziert.
2. Was ist ein Dammriss?
Als Damm wird die Verbindungsstelle zwischen Vulva und After bezeichnet, welche aus Haut, Muskeln, Fett- und Bindegewebe besteht. Bei der Geburt üben Kopf und Schultern des Babys einen starken Druck auf diesen empfindlichen Abschnitt aus, welcher bei jeder Frau unterschiedlich elastisch ist. Das ist ein völlig normaler Teil der Geburt! Unter ungünstigen Umständen kann es jedoch passieren, dass dieser Druck so stark wird, dass der Damm bis zum Einreißen strapaziert wird.
Die Verletzung Dammriss wird in vier Schweregrade unterteilt:
- Grad:
Es kommt zu oberflächlichen Rissen in der Vaginal- und Dammschleimhaut. Meist heilen sie von allein, da keine Muskulatur betroffen ist. Ansonsten können sie unter lokaler Betäubung genäht werden. Komplikationen sind hier nicht zu erwarten.
- Grad:
Neben den Verletzungen der Haut kommt es zu Rissen in der oberflächlichen Dammmuskulatur, die häufig genäht werden müssen. Komplikationen sind aber auch hier selten.
- Grad:
Hiervon spricht man, wenn ein Teilriss oder sogar ein vollständiger Riss des Schließmuskels auftritt. Dieser muss unter lokaler Anästhesie, manchmal sogar unter Vollnarkose, genäht werden.
- Grad:
Beim schwersten Grad kommt es zu Verletzungen am Schließmuskel und einem Einreißen der Darmschleimhaut, was meist unter Vollnarkose genäht werden muss. Des Weiteren kann es zu Folgeerscheinungen, wie Infektionen, Inkontinenz oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Glücklicherweise treten diese Verletzungen des 3. und 4. Grades - wie oben bereits erwähnt - nur selten auf. Wird von einem Dammriss gesprochen, ist meist der des 1. oder 2. Schweregrads gemeint.
3. Was ist ein Dammschnitt?
Bei der sogenannten Episiotomie handelt es sich ebenfalls um eine Geburtsverletzung, allerdings um eine kalkulierte. Im Zuge der Presswehen wird der Damm seitlich rechts am After vorbei eingeschnitten, damit ein tieferes Einreißen des Damms verhindert wird. Außerdem hilft der Dammschnitt die Geburt zu beschleunigen sowie zu erleichtern, da er den Beckenausgang erweitert. Der Heilungsverlauf kann für Mütter allerdings sehr schmerzhaft sein und Komplikationen mit sich bringen, weshalb die Technik unter Expert:innen umstritten ist und immer seltener angewendet wird. In Ausnahmefällen kann die Methode trotzdem sinnvoll sein - beispielsweise, wenn die Versorgung deines Babys in Gefahr ist. Schließlich ist es zum Zeitpunkt der Geburt noch etwas davon entfernt, selbstständig zu atmen und Nahrung über praktisches Zubehör für das Essen und Trinken zu sich zu nehmen!
4. Wie du Geburtsverletzungen vorbeugen kannst
Die unangenehmen Folgen gehören natürlich nicht zwangsläufig zu einer Geburt! Ob es zu einer Geburtsverletzung kommt, ist unter anderem abhängig von Gewicht, Lage und Kopfumfang des Babys. Auch ist der Intimbereich jeder Frau individuell unterschiedlich, weshalb beispielsweise die Dehnbarkeit des Damms variiert. Des Weiteren sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Geburtsverletzung mit der Zahl der bereits zur Welt gebrachten Kinder.
Zur aktiven Vorbeugung eines Dammrisses hilft etwa eine Dammmassage, die diesen sensiblen Bereich des Körpers auf die bevorstehende Belastung vorbereitet. Eine weitere Möglichkeit der Prävention bietet das Wechseln der Geburtsposition, denn in der klassischen Geburtshaltung (mit angewinkelten Beinen auf dem Rücken liegend) ist die Belastung für den Damm besonders hoch. Es ist durchaus möglich, je nach Phase der Geburt und in Rücksprache mit dem ärztlichen Personal, dem Geburtshelfer oder der Hebamme, eine andere Position einzunehmen, die den Damm weniger stark beansprucht.
5. Wie behandeln Ärzt:innen Geburtsverletzungen?
Nach der Geburt deines Sprösslings erfolgt routinemäßig eine Kontrolle auf mögliche Verletzungen, bei der geprüft wird, ob eine weitere Versorgung notwendig ist. Bei kleinen Rissen und Schürfungen ist im Regelfall keine Naht erforderlich. Sollte dies jedoch der Fall sein, bekommen die meisten Frauen davon kaum etwas mit, da die Versorgung unmittelbar nach der Entbindung abläuft und somit zeitgleich mit dem Moment in dem sie ihr Kleines das erste Mal in der Armen halten können. Die Glücksgefühle sorgen dafür, dass der Schmerz kaum wahrgenommen wird. In der Zeit danach wird der Frauenarzt oder die Frauenärztin regelmäßig kontrollieren, ob die Heilung der entstandenen Wunden wie gewünscht voranschreitet.
6. Kommt es nach einer Geburtsverletzung zu Schmerzen?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da jede Betroffene ihren Körper und die Verletzungen anders erlebt. Fakt ist allerdings, dass auch leichte Wunden in den ersten Tagen nach der Geburt ein sehr unangenehmes Gefühl sowie Schmerzen verursachen können. Ob und welche Schmerzmittel in Frage kommen, sollte mit dem Arzt oder der Ärztin deines Vertrauens besprochen werden. Klingen Schmerzen, Schwellungen oder Hämatome auch nach einigen Tagen nicht ab oder verschlimmern sich sogar, kann eventuell eine Wundheilungsstörung vorliegen und es sollte schnellstmöglich medizinischer Rat eingeholt werden!
7. So kannst du die Heilung unterstützen!
Wurde eine Geburtsverletzung genäht, lösen sich die Fäden meist in ein bis zwei Wochen auf. Komplett verheilt ist die Wunde dann allerdings noch nicht und es können noch einige Wochen bis zur vollständigen Genesung vergehen. Mit diesen Maßnahmen kannst du den Heilungsprozess der Geburtsverletzungen unterstützen:
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Die Wunde sollte sauber und trocken gehalten werden. Spüle sie dafür am besten mit warmem Wasser aus und tupfe sie anschließend vorsichtig trocken.
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Die Belastung der Verletzung sollte möglich gering gehalten werden. Das bedeutet im Klartext, dass du während des Wochenbetts viel Zeit im Bett liegen, wenig laufen, sitzen und stehen solltest. Beauftrage für die Spaziergänge mit deiner kleinen Maus also lieber eine deiner Vertrauenspersonen, die du dann mit allem wichtigen Zubehör für unterwegs losschickst. Sobald alles gut verheilt ist, wirst du das noch oft genug selbst tun können - vorerst solltest du dich auf deine Genesung konzentrieren!
Wenn du dich hinsetzt, solltest du darauf achten, eine möglichst geschlossene Haltung einzunehmen, damit die Wunde nicht zu sehr gedehnt wird.
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Ein vorsichtiges Kühlen fördert ebenfalls die Heilung. Auch ein sogenanntes Sitzbad kann Erleichterung verschaffen!
8. Mögliche Folgen von Geburtsverletzungen
In den seltenen Fällen, in denen die Wunden nicht nach einiger Zeit verheilt sind, kann es zu Folgeerscheinungen kommen. Vor allem Infektionen sind eine Gefahr! Es ist wichtig, dem Körper nach den Strapazen ausreichend Zeit zur Regeneration zu gönnen. Dazu zählt unter anderem auch, es mit dem ersten Sex nach der Schwangerschaft nicht zu überstürzen, denn die mechanische Belastung und die Körperflüssigkeiten können Entzündungen begünstigen. Die allgemeine Empfehlung ist, nach der Geburt mindestens sechs Wochen mit dem Geschlechtsverkehr zu warten. Ist es bei der Geburt zu einer Schädigung des Schließmuskels gekommen, kann es außerdem zu einer vorübergehenden Stuhlinkontinenz kommen. Diese verschwindet allerdings nach einigen Wochen wieder, sobald sich die zuständigen Muskeln erholt haben.