Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr. Diese leichte Abwandlung des bekannten Sprichworts kommt Vätern und Müttern immer dann wieder in den Sinn, wenn die alltäglichen Sorgen und Nöte rund ums Kind die ursprünglichen Vorstellungen ein wenig verklärt erscheinen lassen. Oftmals jedoch könnten viele Missverständnisse und falsche Erwartungen bereits im Voraus vermieden werden, wenn sich die werdende Mama und der Papa in spe nicht auf gängige Fehlinformationen stützen würden. Tatsächlich nämlich kursieren in diesem Kontext nach wie vor einige dieser Mythen rund um die Elternschaft.
Kein Zucker am Abend
Dieser Mythos hält sich nach wie vor hartnäckig und wird durch Erfahrungen vieler Eltern immer wieder befeuert. Auch wenn gewisse schädliche Effekte, wie beispielsweise Fettleibigkeit und Karies, unbestreitbar mit übermäßigem Zuckerkonsum zusammenhängen können, werden der süßen Substanz andere Effekte zu Unrecht in die Schuhe geschoben. Einer davon betrifft die Annahme, dass Zucker die Kinder kurzzeitig hyperaktiv machen würde, weshalb viele Eltern besonders am Abend davon absehen, ihren Kindern eine kleine Süßigkeit als Nachtisch nach dem Abendessen zu gönnen. Tatsächlich aber konnte dieses Vorurteil durch medizinische Studien nicht nachgewiesen werden. Wie aber passt das zum subjektiven Eindruck vieler Eltern? Bei genauerem Hinsehen sind für die „Aufgedrehtheit“ der Kinder zumeist ganz andere Indikatoren verantwortlich. Vergleichsweise viele Süßigkeiten gibt es schließlich meistens dann, wenn eine Feier wie zum Beispiel ein Geburtstag ansteht. Insbesondere Kindergeburtstage sind für den teils zügellosen Konsum von Kuchen und anderen Leckereien geradezu prädestiniert. Die Kinder sind aufgeregt, toben herum und sorgen für einen nicht unerheblichen Lärmpegel. Ergo - die Süßigkeiten sind schuld, richtig? Falsch! In der Realität sind es nicht Kuchen, Bonbons und dergleichen, die zu einem solchen Verhalten führen. Vielmehr ist es die aufregende Situation der Feier, die Anwesenheit vieler Freund*innen und allerlei Spiele. Als Sündenbock wird hier der Zucker also zu Unrecht verdächtigt. Obst und Gemüse sind zwar ohne Zweifel gut und wichtig, in Maßen darf es allerdings auch durchaus mal etwas Süßes sein - sogar am Abend.
Einrichtung möglichst nicht verändern
Ein zwar nicht ganz so gängiger Mythos wie der vorherige, aber dennoch nach wie vor viel zu häufig anzutreffen, ist der Trugschluss, die Einrichtungen eines Kinderzimmers sollte bei kleinen Kindern möglichst nicht verändert werden. Worauf diese Annahme zurückzuführen ist, kann nicht mehr mit Gewissheit festgestellt werden. Eine in diesem Kontext gängige und auch schlüssige Begründung liegt jedoch darin, dass kleine Kinder, die beispielsweise gerade erst krabbeln oder laufen lernen, sich an die Positionen der einzelnen Möbel gewöhnen müssen, um eine gewisse Sicherheit bei den Krabbel- oder Laufbemühungen zu bekommen und nicht den Raum erst neu “scannen” müssen, weil die Möbel womöglich dieses Mal woanders stehen. Tatsächlich kann das Kinderzimmer durchaus auch mal auf Basis bewährter Einrichtungssysteme umgeräumt werden. Der Feng Shui-Ansatz hat sich in diesem Zusammenhang als überaus nützlich erwiesen. Schließlich spielt bei der asiatischen Harmonielehre die Einrichtung eines Zimmers bzw. der eigenen vier Wände im Allgemeinen eine wesentliche Schlüsselrolle. Der angesprochene Mythos entbehrt auf den zweiten Blick nämlich ebenfalls jeder Grundlage. Einerseits ist ein Kind, welches gerade krabbeln oder laufen lernt, in aller Regel nicht allein, sondern wird von Mama oder Papa dabei beaufsichtigt. Zum anderen ist das Kind auch in einem solchen Alter durchaus in der Lage, sich an neue Hindernisse bzw. veränderte Gegebenheiten schnell und problemlos anzupassen.
Kaugummi verklebt den Magen
Wer kennt es nicht noch von den eigenen Eltern? Gebetsmühlenartig ist man immer wieder darauf eingeschworen worden, den Kaugummi ja nicht herunterzuschlucken, sondern ihn einfach zu entsorgen, wenn er seinen Geschmack verloren hat. Dieser Mythos allerdings birgt auch ein Fünkchen Wahrheit - aber nicht aus dem Grund, aus welchem sich dieser in den Köpfen der Mamas und Papas festgesetzt hat. Im Magen nämlich hat der Kaugummi, wie jedes andere Lebensmittel, keine Chance und landet nach dem Schlucken irgendwann zersetzt in der Toilettenschüssel, nachdem zunächst eine Reise durch den ganzen Verdauungstrakt unternommen worden ist. Die Annahme, ein Kaugummi würde Bauchschmerzen auslösen, weil dieser den Magen verklebt, ist geradezu hanebüchener Unsinn. Eltern sollten trotzdem darauf achten, dass Kinder einen Kaugummi nicht unbedingt herunterschlucken. Die Gefahr geht hierbei jedoch nicht vom Magen aus, sondern von einem eventuellen Verschlucken. Wenn der Kaugummi dabei nämlich versehentlich in der Luftröhre landet, kann daraus schnell eine lebensgefährliche Situation entstehen. Das gilt jedoch ebenso für alle etwas größeren Objekte, die von den Sprösslingen in den Mund genommen werden können, wie beispielsweise Bonbons und dergleichen.
An die Wunde muss frische Luft!
Dieser Mythos ist nicht nur falsch, er bewirkt sogar genau das Gegenteil. Bei mehr oder minder tiefen Schürfwunden bildet sich ein Wundsekret, welches einerseits dazu dient, Antikörper und andere Stoffe zur betreffenden Stelle zu transportieren und andererseits dafür sorgt, Schmutz und Bakterien auszuschwemmen. Dieses Sekret jedoch trocknet an der Luft erheblich schneller, was übermäßige Narbenbildung begünstigt. Ein Pflaster ist in einem solchen Fall also tatsächlich die bessere Wahl und kommt neben dem eigentlichen Zweck auch der mentalen Komponente zugute. Schließlich wird durch das Pflaster auch ein Placebo-Effekt ausgelöst. Das Kind kann damit in aller Regel beruhigt werden und empfindet schon allein deswegen eine kleine Linderung. Außerdem gibt es mittlerweile durchaus lustige Pflaster mit Comic-Helden und anderen kindgerechten Motiven, welche die Kids sogar wie eine Auszeichnung tragen.
Fazit
Noch immer kursieren leider viel zu viele Mythen rund um Kinder im Allgemeinen, welche zum Teil auf einem veralteten Wissensstand beruhen oder schlichtweg noch nie tatsächlich gestimmt haben. Die aufgezählten Beispiele stehen an dieser Stelle nur exemplarisch für viele weitere Falschinformationen, die teilweise schon seit Generationen weitergegeben werden. Auch wenn viele solcher Mythen Anlass zum Schmunzeln geben, haben andere einen durchaus ernsten Hintergrund, da diese nicht nur im positiven Sinne völlig wirkungslos sind, sondern, ganz im Gegenteil, sogar durchaus Schaden anrichten können. Auch wenn alte Weisheiten von Oma oder Opa im Laufe der Generationen einfach übernommen worden sind und ihrerseits womöglich sogar gestimmt haben können, lohnt es sich, in Abhängigkeit der heutigen Erkenntnisse, viele dieser Tipps und Mythen einer Prüfung hinsichtlich der Sinnhaftigkeit zu unterziehen. Schließlich möchte kein Elternteil irgendetwas dem Zufall überlassen, wenn es um den eigenen Nachwuchs geht. Damit sollen die Ratschläge der Großeltern keineswegs verteufelt werden. Allerdings führen stetige gesellschaftliche Veränderungen und neue medizinische Erkenntnisse immer wieder dazu, dass sich einige dieser gut gemeinten Tipps aus heutiger Sicht als unwahr oder zumindest nicht zielführend erweisen.